Sportler*innen sind in ihrer Sportart gefordert und bringen Bestleistungen zutage. Die Beanspruchung der körperlichen Ressourcen geht – je höher auch das Leistungsniveau – in manchen Fällen weit über die Komfortzone hinaus.

Um einen Wettkampf zu garantieren, in welchem vor allem die körpereigenen Fähigkeiten als Leistungsfaktoren gelten, wurde seitens der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) ein Reglement aufgesetzt, das die Zufuhr von externen Substanzen regelt. Während die Einnahme mancher Substanzen bis zu einer gewissen Menge erlaubt ist, gilt bei anderen ein striktes Verbot.

Die Anti-Doping Bestimmungen bzw. die Verbotsliste gelten auch für trans* und inter* Sportler*innen. Dennoch werden ab und an Bedenken geäußert, dass es sich bei trans* und/oder inter* Athlet*innen um dopende Sportler*innen handeln würde.

Aus diesem Grund hat sich 100% SPORT zur Aufgabe gemacht, mit der NADA Austria – Nationale Anti-Doping Agentur Austria GmbH auf Tuchfühlung zu gehen und mit Mythen rund um Doping und Geschlecht(-sidentität) aufzuräumen.

Wenn es um die Frage der Teilnahmeberechtigung in nach Geschlecht getrennten Kategorien geht, ist das ein Thema, das die NADA Austria nur peripher betrifft.

Die Einteilung nach z.B. Geschlecht, Alter oder Gewichtsklassen regeln nämlich die jeweiligen Sportfachverbände prinzipiell selbst. Manche internationale Sportfachverbände haben auch Testosteron-Schwellenwerte festgelegt, die nicht überschritten werden dürfen, um an Wettbewerben in der Kategorie der Frauen teilnahmeberechtigt zu sein.

Auch die Vorgabe, wie der Nachweis einer Unterschreitung jener festgelegten Testosteron-Schwellenwerte zu erbringen ist, liegt im Ermessen des Fachverbandes und ist somit kein Anti-Doping Thema.

Dabei unterliegt die Definition der Leistungsfähigkeit – je nach Sportart – stets einem komplexen Zusammenspiel aus mehreren Leistungserbringern (Koordination, Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, kognitive Fähigkeiten, Glück, Wetter, Material, etc.).

Aufgabenbereich der NADA Austria

Der Aufgabenbereich der NADA Austria ist es, die Einnahme bzw. Verwendung leistungssteigernder Substanzen und Methoden zu unterbinden und die auf natürliche Weise erreichbare Bestleistung von Sportler*innen im Blick zu haben. Nach den Anti-Doping Bestimmungen ist jede*r Sportler*in selbst dafür verantwortlich, welche dopingrelevanten Substanzen sich im eigenen Körper befinden.

Aus sportwissenschaftlicher Sicht wären als leistungsfördernde Substanzen etwa jene anzusehen,

  • die zu kognitiven Verbesserungen führen (beispielsweise Konzentrationsfähigkeit, Gedächtnisleistung oder Zielgenauigkeit) – Beispiel-Sportarten: Schach oder Darts
  • die zu physischen Verbesserungen führen (bspw. Muskelwachstum, Ausdauer oder Schnelligkeit) – Beispiel-Sportarten: Schwimmen oder Radfahren

Um seitens der NADA Austria “fairen” und “gesunden” Sport gewährleisten zu können, wird neben der Prävention durch Information, Aufklärung und Bewusstseinsbildung auch auf Dopingkontrollen gesetzt. Der Fokus liegt auf dem Leistungs- und Spitzensport, es werden aber auch Dopingkontrollen im ambitionierten Breitensport durchgeführt. Neben Routinekontrollen gibt es auch ganz gezielte Kontrollen, z.B. bei Auffälligkeiten oder zusätzlichen Informationen.

Rund 450 Einzelsportler*innen und ca. 2.000 Mannschaftssportler*innen befinden sich im Nationalen Testpool. Das bedeutet, dass diese regelmäßig kontrolliert werden und im Falle der Anwendung von Methoden und/oder Substanzen, die in der Verbotsliste genannt werden, eine medizinische Ausnahmegenehmigung bereits vorab (nicht erst im Falle einer Dopingkontrolle) beantragen müssen.

Im Falle von Krankheit, Verletzung oder Therapie mit Substanzen, die in der Verbotsliste genannt werden, gibt es daher einige wichtige Punkte zu beachten, um nicht unbeabsichtigt gegen die Anti-Doping-Bestimmungen zu verstoßen. Sportler*innen können bei medizinischem Bedarf eine Ausnahmegenehmigung1 beantragen. Dabei ist von entscheidender Bedeutung, dass es eine fundierte Diagnose gibt, die Behandlung dem medizinischen Standard entspricht und es keine erlaubten Alternativen gibt.

Externe Zufuhr von Hormonen

Bei Personen, die ihrem Körper extern Hormone zuführen, gilt es aus Sicht der NADA Austria zu beachten, dass dies in Form einer „Standardtherapie“ erfolgt, also unter medizinischer Supervision entsprechend den aktuell gültigen medizinischen Standards. Die Werte für eine Standardtherapie stammen von pharmazeutischen Studien der Herstellungsfirmen dieser Hormone.

Wichtig: Die Dosierung erfolgt je nach individuellem Ansprechen auf die Therapie und innerhalb festgelegter Werte. Der Fokus liegt bei der Dosierung auf dem gesundheitlichen Wohl des Individuums, denn wie überall spielt die Dosierung eine Rolle und kann potentiell auch gesundheitsgefährdend sein.

Zufuhr von Substanzen mit östrogener Wirkung

Substanzen mit östrogener Wirkung wird eine geringe Wahrscheinlichkeit der Leistungssteigerung zugeschrieben. Dennoch ist die Zufuhr von Substanzen mit östrogener Wirkung vor allem deshalb verboten, weil hierdurch ein künstlich geschaffenes Gleichgewicht in Sachen Hormonhaushalt vorgetäuscht werden kann. Mitunter kann durch deren Zufuhr der Nachweis einer Einnahme von anabol-androgenen Steroiden (AAS), darunter Testosteron und ähnlich wirkende Substanzen, verschleiert werden.

Die Zufuhr von Substanzen mit östrogener Wirkung ist entsprechend den Anti-Doping-Bestimmungen verboten und bedarf im Falle einer Dopingkontrolle oder der Zugehörigkeit zum Testpool einer medizinischen Ausnahmegenehmigung.

Zufuhr von Substanzen mit anaboler Wirkung

Substanzen, die zum Ansteigen des Testosteronspiegels führen, wird eine leistungsfördernde Wirkung zugeschrieben. Das ist vor allem für Sportarten relevant, in denen Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer oder schnelle Regenerationsfähigkeit gefragt sind.

Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass auch bei Sportarten mit vorwiegend kognitiven Leistungsparametern eine Leistungssteigerung durch die Einnahme anaboler Substanzen möglich ist. Wenn ein*e Sportler*in etwa weitere Sportarten betreibt, in denen die Zufuhr ebensolcher Substanzen zu einer Leistungssteigerung führt, kann sich diese wiederum auf die Sportart mit vorwiegend kognitiven Leistungsparametern positiv auswirken.

Die Zufuhr von Substanzen mit anaboler Wirkung ist entsprechend den Anti-Doping-Bestimmungen verboten und bedarf im Falle einer Dopingkontrolle oder der Zugehörigkeit zum Testpool einer medizinischen Ausnahmegenehmigung.

Zudem sind auch Substanzen oder Methoden verboten, welche die Regenerationsfähigkeit beeinflussen können.

Beispiele aus der Praxis

Bewerbe “Kategorie Frauen”

  • Eine Person spielt im Schach in der Kategorie der Frauen auf hoher Leistungsebene und ist Teil des Testpools der NADA Austria. Die Person (befindet sich in Hormontherapie bzw. Transition und) führt ihrem Körper Substanzen mit östrogener Wirkung und evtl. Testosteronblocker zu. Um eine medizinische Ausnahmegenehmigung zu erhalten, muss die Behandlung dem medizinischen Standard entsprechen und es darf keine erlaubten Alternativen dazu geben.
  • Eine Person fährt Rad in der Kategorie der Frauen auf mittlerer Leistungsebene und ist NICHT Teil des Testpools der NADA Austria. Die Person (befindet sich in Hormontherapie bzw. Transition und) führt ihrem Körper Substanzen mit östrogener Wirkung und evtl. Testosteronblocker zu. Eine medizinische Ausnahmegenehmigung ist vorab nicht notwendig. Sollte es aber zu einer Dopingkontrolle kommen, so muss nachgewiesen werden, dass die Behandlung dem medizinischen Standard entspricht und es keine erlaubten Alternativen dazu gibt.

Bewerbe “Kategorie Männer”

  • Eine Person schwimmt in der Kategorie der Männer auf hoher Leistungsebene und ist Teil des Testpools der NADA Austria. Die Person befindet sich in Hormontherapie bzw. Transition und) führt ihrem Körper Substanzen mit anaboler Wirkung und evtl. Östrogenblocker zu. Um eine medizinische Ausnahmegenehmigung zu erhalten, muss die Behandlung dem medizinischen Standard entsprechen und es darf keine erlaubten Alternativen dazu geben.
  • Eine Person läuft in der Kategorie der Männer auf mittlerer Leistungsebene und ist NICHT Teil des Testpools der NADA Austria. Die Person (befindet sich in Hormontherapie bzw. Transition und) führt ihrem Körper Substanzen mit anaboler Wirkung und evtl. Östrogenblocker zu. Eine medizinische Ausnahmegenehmigung ist vorab nicht notwendig. Sollte es aber zu einer Dopingkontrolle kommen, so muss nachgewiesen werden, dass die Behandlung dem medizinischen Standard entspricht und es keine erlaubten Alternativen dazu gibt.

Verantwortung bei Zufuhr von Substanzen

Sportler*innen müssen daher zunächst überprüfen, ob das erforderliche Medikament oder die Methode, die sie einnehmen oder anwenden möchten, gemäß der WADA-Verbotsliste verboten ist.

Ein Service der NADA Austria stellt hierzu die Medikamentenabfrage / MedApp sowie eine Beispielliste der erlaubten Medikamente dar.

Die NADA Austria bietet mit dem TUE-Checker eine Hilfestellung bei der Frage, ob eine medizinische Ausnahmegenehmigung nötig oder möglich ist.

Bei Fragen oder Schwierigkeiten dazu stehen die Mitarbeiter*innen der NADA Austria gerne zur Verfügung.

Wichtig: Unabhängig von den Vorgaben der NADA Austria gilt es, stets auch die Teilnahmebedingungen an Wettkämpfen des jeweiligen Fachverbandes zu berücksichtigen. Die Vorgaben zu medizinischen Ausnahmegenehmigungen können je nach internationalem Sportfachverband unterschiedlich sein.

Je nach Sportart können unterschiedliche Vorgaben auf (inter-) nationaler Ebene bestehen, die vor allem die Teilnahme von inter*, trans*, und nicht-binären* Personen betreffen.

Beispiele:

  • Im Falle des internationalen Schwimm- sowie internationalen Leichtathletikverbandes geben die Vorgaben etwa eine kontinuierlich dokumentierte Unterschreitung von Testosteron-Konzentrationen vor sowie den Vollzug einer Transition einer trans* weiblichen Person vor dem 12. Lebensalter.
  • Bei den Sportarten Flying Disc/Quadball etwa ist die Teilnahme für Personen aller Geschlechter und Geschlechtsidentitäten auf internationaler sowie auf nationaler Ebene ohne Einschränkung bzw. Nachweis von Hormonwerten möglich.
  • Der Deutsche Fußball-Bund hat 2019 ein Spielrecht zur Teilnahme von TIN* Personen erlassen, welches einen Teamwechsel auf Basis der selbstbestimmten Geschlechtsidentität ermöglicht.

Final ist also festzuhalten

Die Teilnahme von (inter*, trans* und nicht-binären*) Personen am Sport wird primär nicht durch die Anti-Doping-Bestimmungen geregelt.

Aus Anti-Doping Sicht macht es keinen Unterschied, weshalb eine Person Substanzen bzw. Methoden, die in der Verbotsliste genannt werden, anwendet – ob aufgrund einer Transition oder einer Verletzung ist irrelevant. Entscheidend für die Zulassung bleiben stets die Kriterien einer vorliegenden Diagnose und entsprechender Behandlung sowie der Alternativlosigkeit.

Personen, die östrogene oder anabole Substanzen zuführen, müssen somit im Falle einer Dopingkontrolle und/ oder einer Zugehörigkeit zu einem Testpool eine medizinische Ausnahmegenehmigung (TUE) beantragen/ vorweisen können.

1Voraussetzungskriterien für die Genehmigung einer Ausnahmegenehmigung (TUE)

Um eine medizinische Ausnahmegenehmigung zu erhalten, muss die Behandlung dem medizinischen Standard entsprechen und es müssen alle folgenden vier Kriterien erfüllt sein:

  • Die*der Sportler*in hat einen “eindeutig diagnostizierten medizinischen Zustand”, der eine Behandlung mit einer laut WADA-Verbotsliste “verbotenen Substanz oder Methode” erfordert;
  • Die therapeutische Anwendung mit der Substanz oder Methode wird, unter Abwägung der Wahrscheinlichkeit, keine signifikante Leistungssteigerung über den normalen Gesundheitszustand hinaus bewirken;
  • Die verbotene Substanz oder Methode ist eine indizierte Behandlung und es gibt keine “zumutbare erlaubte therapeutische Alternative”;

Die Notwendigkeit, die verbotene Substanz oder Methode zu verwenden, ist nicht die Folge der vorherigen Verwendung einer Substanz oder einer Methode (ohne TUE), die zum Zeitpunkt der Verwendung verboten war.

2Transition

Als Transition wird der Prozess bezeichnet, in dem eine trans* Person soziale, körperliche und/oder juristische Änderungen vornimmt, um das eigene Geschlecht auszudrücken. Dazu können Hormontherapien und Operationen gehören, aber auch Namens- und Personenstandsänderungen, ein anderer Kleidungsstil, eine neue Frisur und viel anderes. Ob und wie eine trans* Person transitioniert und welche Schritte in welcher Reihenfolge unternommen werden, ist individuell. Quelle: https://queer-lexikon.net/2017/06/08/transition/